Ausschnitte aus Jetzt: Dezember 2009

Die eigene Nachbarschaft ist ein merkwürdiges Volk.

Malte S. riss vor mehr als einem Jahr Mülltüten auf, um herauszufinden welcher der Hausbewohner den Müll in SEINER Mülltonne platzierte.

Er ist damals fündig geworden und hat wahrscheinlich mit akribischer Hingabe

wie ein Detektiv Papierschnipsel zusammengesetzt.

Das Ergebnis seiner detektivischen Leidenschaft lag einige Tage später

in meinem Briefkasten. Ein unfrankierter Briefumschlag, handschriftlich mit

meinem Namen versehen. In dem Brief selbst, den er auf dem Computer

geschrieben hatte, redete er mich dann nicht mehr persönlich an,

sondern richtete sich an "die Nachbarschaft". Charmant wie der Malte S.

sein kann, fragte er anonym, wie man so dämlich sein kann sich bei diesem "Müllverbrechen" erwischen zu lassen. Dazu hatte er einen Papierschnipsel mit meinem Namen und meiner Anschrift (das Ergebnis seiner Schnipselkunst) auf seinen Brief geklebt.

Vor zwei Tagen durfte ich beobachten, dass Malte S. es mit der Müllabladung bei seinen Nachbarn auch nicht so genau nimmt. Ich war gerade dabei meine Fahrradreifen aufzupumpen (den Ort kann man im vorherigen Blogeintrag bewundern) und sah wie Malte S. vor der Haustür in seinen Briefkasten guckt. Nicht gerade begeistert vom Inhalt seines Briefkastens kundschaftete er aus, bei welchen seiner Nachbarn er sich der Werbezettel entledigen kann. Einen Briefkasten hatte er schnell gefüllt und beim nächsten war er zunächst unschlüssig. Aber auch den zweiten Briefkasten hatte er nach kurzem Zögern ausgewählt. Es war nicht meiner. Da kann er sich glücklich schätzen!

Denn die direkte Kommunikation und Kontaktaufnahme zählt nicht zu seinen Stärken. Trifft man ihn im Treppenhaus, muss er sich mühselig ein erwiderndes "Hallo" aus dem Mund pressen, den Blick stets abgewandt. Von meinen ehemaligen Nachbarn weiss ich, dass er es bevorzugt, gleich die Polizei anzurufen anstatt den direkten Kontakt, circa 17 Treppenstufen unter seinem Domizil, zwecks Lautstärkeregulierung zu suchen. Und auch sonst klebt er lieber kleine Botschaften auf Fahrräder oder Türen.
Man darf gespannt sein was er noch so ausheckt!
Vielleicht ruf' ich ihn später einfach mal oben an und frag' nach.

So von Nachbar zu Nachbar.